26
Okt

Papst Franziskus und die Jesuslatschen

Ein Pamphlet gegen die Nebelkerzen der katholischen Kirche

Weihnachten droht und selbst hartgesottene Esoteriker, die nicht müde werden zu betonen, dass das Göttliche innen und nicht außen wohnt, packen Koffer und Geschenke um mit ihren Familien unterm Weihnachtsbaum zu sitzen und zu singen. Weihnachten steckt tief in unseren abendländischen Knochen.

In Indien ist das Fest durch den Turbo-Kapitalismus zum Kaufrausch mit Eventcharakter umetikettiert worden. Der Markt ist riesig, das weckt die Begehrlichkeiten nicht nur der Christbaumkugel-Hersteller. In den neuen Shopping-Malls hängen bei 30 Grad im Schatten ausgestopfte Rentiere auf Watte-Schnee-Imitat-Wolken und junge Mädels sitzen mit roten Nikolaus-Mützchen in der Sonne und kichern ahnungslos. So weit so gut oder ungut.

Was aber richtig nervt ist der Hype

um den Neuen Papst. Sogar Menschen die eher atheistisch unterwegs sind verfallen dem vermeintlichen Charme seiner Jesus-Latschen. Als ob das ein Kriterium für irgendwas wäre. Was ist an diesen südamerikanischen Treten besser als an den roten Prada-Schühchen Benedikts, des Vorgängers? Jetzt mal spirituell gesehen (über Geschmack lässt sich eh nicht streiten).

Andres Englisch, Vatikan-Hofberichterstatter des Springer Verlages, hastete (bis zu dem Tag, an dem er über sexuellen Missbrauch in der Kirche redete – da wurde er dann nach 23 Jahren aus Rom versetzt) mit Leuchtaugen und einem Sendungsbewusstsein, das an der Hyperventilation entlang schrammte, von Talk-Show zu Talk-Show um uns die Revolution zu erklären, die Papst Franziskus im Vatikan angeblich losgetreten hatte. Ich war gespannt.

Hofberichterstatter erklären die Welt/den Vatikan

Er wohne in „einem Gäste-Appartment und nicht im Prunkbett“, erzählt Englisch und strahlt. Ja, und? Wahrscheinlich ist´s dort kuschliger – wo ist da die Revolution?

„Er hat seinen Angestellten die Gehälter gekürzt“. Das finde ich jetzt eher frech, denn wieso soll eine Vatikan-Köchin jetzt plötzlich unter Tarif verdienen, nur weil ihr Chef nach Symbolhandlungen sucht, mit denen er die Kirche als bescheiden darstellen kann.

„Er isst in der Kantine!“. Er wird seine Gründe haben. Vielleicht hat er ja Angst vergiftet zu werden, wenn das Essen für ihn speziell und ganz allein angerichtet wird.

„Er sagt er brauche die päpstliche Sommerresidenz in Castel Gandolfo, nicht, denn er hätte weder Zeit noch Lust auf Ferien.“ Was bitte ist so schlecht an Ferien… oder sieht er sich als Märtyrer, der vor lauter Sorge um sein Image und das der Kirche nicht mal in Urlaub kommt? Ein anderes Gerücht sagt, dass die Souvenierhändler dort Pleite gehen. Ich gebe zu, mein Mitgefühl mit diesen Leuten, die ihren Klerikalramsch jetzt nicht mehr so gut verkaufen, hält sich in Grenzen.

Und „nachts fährt er mit einem alten Fiat durch Rom“. Welchen Honig zieht er wohl daraus? Und: ich möchte gar nicht so genau wissen, warum er nachts in Rom inkognito um die Häuser schleicht.

„Er hat die Maffiabosse exkommuniziert!“. Da werden sie aber traurig sein!

„Er ist nach Lampedusa gefahren und hat das Elend der Flüchtlinge und die Zustände dort verurteilt…“

Petersplatz überdachen!

Der Kragen könnte einem platzen. Denn wenn er die Situation der Flüchtlinge unsäglich findet, warum tut er dann (fast) nichts? Ich hätte da ein paar Vorschläge:

– den Peters-Platz mit Glas überdachen und beheizen. Einen Architektenwettbewerb ausschreiben, wie man diesen einschüchternd großen Ort besser nutzen könnte als für Huldigungsrituale (die können ja meinetwegen wo anders stattfinden, schlage das Kolloseum vor).

– Die Schweizer Garde umschulen auf Köche, Empathie-Spezialisten oder Bürokratie-Helfer. Das Amt für Inquisition aufheben und stattdessen eine Kaderschmiede „Einwanderung und Kreativität“ eröffnen.

– Castell Gandolfo, wird ein Krankenhaus für Traumarisierte und das Papamobil entweder das Spielzeug gestrandeter Waisenkinder oder ein Transportmittel für Minen-Opfer.

Und was ist aus Tebartz´Luxushütte geworden?

Es gäbe so viele Möglichkeiten, auch in Deutschland…. Was ist überhaupt aus der Luxushütte des Limburger Bischofs Tebartz van Elst´geworden? Der Papst, der sich die Bescheidenheits-Revolution auf die Fahnen geschrieben hat, hat es nicht geschafft sich von diesem Burschen ohne Maß und Ziel zu distanzieren, sondern die Sache ausgesessen und ihn dann langsam in der Versenkung verschwinden lassen. Bestimmt würde sich 100 Flüchtlinge wohlfühlen in dieser schicken Burg, wenn sie erst mal rausgefunden haben wie man mit der Hight-Tech-Haussteuerung umgeht, und dass man den für 100.000 € umgebauten hängenden Adventskranz auch als Kinderschaukel nutzen kann. Im Garten könnten sie Granatäpfelbäume pflanzen und in der überdimensionierten Badewanne Forellen züchten… ich komme ins Schwärmen.

Politik und Spiritualität verwechselt. Uff!

Und dass alle, wirklich alle Medien Spiritualität mit Politik verwechseln. Mindestens drei Bücher über den neuen Pabst hab ich gefunden in denen die Situation der Kirche in Südamerika (da kommt Jorge B. her) beschrieben wird: ein Hauen und Stechen, scheinbar, Konkurrenzdruck mit irgendwelchen Pfingst-Sekten. Überhaupt Konkurrenzdruck: so einen Begriff kann einem doch nur einfallen, wenn´s um Pfründe, also um Geld geht – ansonsten: who cares? Spiritualität ist ohne Konkurrenz. Und wer unspirituell leben will: bitteschön, der kann´s ja im nächsten Leben nochmal probieren.

Armut und Blödheit fürhren nirgendwo hin

Weder Clownsnasen noch Jesuslatschen noch der Verzicht auf Prunkbetten führen zu mehr Bewusstheit, Spiritualität und/oder Mitgefühl, also einer besseren Welt. Das sind die Requisiten des Vertreters eines monströsen und obszön reichen Machtapparates, der so tut als würde Armut und Blödheit irgendwo hin führen.

 

http://www.oshotimes.de/

 

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